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The Scars Chronicles: Dorn der Finsternis

»Und wenn es eine Sache gibt, die stärker als Liebe ist, dann ist es die Furcht«
Irland, 1921: Olivya Whitethrone muss ihr Erbe als Geisterkriegerin an der Pirestale Akademie antreten. Gemeinsam mit ihrem Team kämpft sie gegen die Gefahren der Geisterwelt. Doch tief in der Finsternis lauert das Böse und wartet nur auf sie …

Ich bin per Zufall über dieses Buch gestolpert und hab mich sofort in das sehr schlichte Cover verliebt (ich mein, habt ihr gesehen, was aktuell mal weider den Fantasybereich dominiert? Da ist das echt mal eine Wohltat).

Ich hab noch nie was von der Autorin gehört oder gelesen – weshalb ich völlig blank an dieses Buch bin und wirklich begeistert war.

Jaha, auch hier ist wie so oft die Charakterzeichnung sehr eindimensional – stört mich ein wenig, mittlerweile sollte man das blizzard’sche morally grey nutzen – und mich hat tatsächlich die fehlende Charakterentwicklung gestört (es gibt einfach kein „Level up“), doch die Idee (die nicht neu ist) ist wirklich gut umgesetzt worden, weshalb ich mich sehr auf den zweiten Band freue (und hier mal Werbung für Ebru Adin machen muss, die nicht nur wahnsinnig hübsch und nett ist, sondern auch ne ziemliche coole Geschäftsidee hat).

Fazit:

Gute Unterhaltung mit den üblichen Schwächen bei Großverlagen, was ich aber nicht anders erwarte. Echte, mutige Texte gibt’s halt wirklich nur bei Indie-Verlagen (liebe Lektoren bei Großverlagen: traut euch mal was und hört auf, die x-te Version der gleichen Charaktere auf den Markt zu werfen).

3,5 Sterne, und eine Empfehlung. Die Autorin schreibt wirklich toll (und man kann ja auch über die branchentypischen Schwächen hinwegsehen ;))

Kapstadt, 1851

Im Castle of Good Hope war es still. Gespenstisch still. Der Morgen graute und nicht einmal die Angestellten, die die Festung in Stand halten sollten, waren emsig unterwegs. Es schien, als würde das Kastell dem Dornröschenzauber verfallen sein und schlafen. Doch je tiefer man in die Festungen drang, je näher man dem Gefängnistrakt kam, desto unheimlicher wurde das Gemäuer. Schreie, schrill und laut, unmenschlich und verzerrt, drangen aus den einzelnen Zellen und hallten von den Wänden wieder. Eiserne Jungfrauen, spanische Stiefel und Streckbänke waren in einigen Kammern aufgestellt. Dunkelheit zog sich durch die Gänge, verweigerte einen Blick auf die Gefangenen in ihren Zellen, bot den Folterknechten Schutz vor Blicken und die Tarnung, ihre sadistischen Fantasien auszuleben. In einer der tiefer gelegenen Folterkammern drangen Schreie und seltsame Geräusche nach draußen auf den Korridor.
»Du kannst so viel schreien, wie du willst, kleines Mädchen! Keiner wird dich hören!« Die Stimme des Folterknechts klang rau, erregt. Die Dunkelheit, die Schatten in der Kammer schienen lebendig zu sein und mit jedem Lachen, das der Knecht ausstieß zu wachsen. Wie gierige Finger schienen sie nach den Gequälten zu greifen, ihren Schmerz aufzusaugen. Ein Feuer in der Mitte des Raumes spendete weder genug Licht noch Wärme, seine einzige Daseinsberechtigung bestand darin, Eisen zu erhitzen. Glühende Brandeisen lagen in der Glut. An der Wand hingen drei abgemagerte Gestalten an den Wänden, mit rostigen Fesseln befestigt und auf der Streckbank lag ein junger Mensch, mager, mit fahler Haut und ausgemergelt. Man konnte nicht erkennen, ob Junge oder Mädchen, so missgestaltet war sein Körper durch all die Folter. Seine Haut schillerte in allen Farben, das rechte Auge war geschwollen, die Nase mehrfach gebrochen. Der Folterknecht rieb sich die Hände, stieß immer wieder ein schrilles Lachen aus, das vor Schadenfreude und Erregung schaurig von den Wänden hallte. Eine kleine Gestalt mit einem ledernen Buch auf dem Schoss saß in einer Ecke, ignorierte die Schatten und war um Beherrschung bemüht. Der Geruch, die Schreie, der gesamte Raum verursachte ihm Übelkeit, doch seine Aufgabe war es, Dandalos zu begleiten. So lange, bis Delo auftauchte und es kam, wie es kommen musste: Ein Kampf um eine reine Seele, obwohl es ihm schwerfiel zu glauben, dass sich eine reine Seele in diesem Raum befinden sollte. Dandalos hatte dafür einfach zu leichtes Spiel gehabt, den Folterknecht, der in einer Kammer am Ende des Flurs schlief, dazuzubringen, Gefangene zu foltern, zu quälen und zu verstümmeln. Einem der Opfer hatte er Stück für Stück die Finger der rechten Hand zertrümmert, einem anderen alle Haare vom Körper gebrannt. Dem dritten Gefangenen hatte er die Haut an seinem Genital abgezogen und ihn gezwungen sie zu essen. Dandalos war es gelungen, die schlimmste, sadistischste Seite des Folterknechts hervorzuholen und ihn zu einem wahren Meister dieser Kunst zu machen. Nun musste der junge Mensch, ein Kind, herhalten. Er war sich sicher, dass dieses Kind die reine Seele war. Dieses Kind würde die Nacht nicht überleben, da war sich die kleine Gestalt sicher. Schatten hüllten ihn ein, strichen über die frisch beschriebenen Seiten. In seinen Ohren erklang Dandalos‘ Stimme.
»Nun, kleiner Schreiberling, wo bleibt der große, allmächtige Engel? Hat er aufgegeben? Wirst du nun nur noch mich begleiten? Hast du eingesehen, dass es mit mir viel spannender ist?« Die Stimme des Dämons war schmeichelnd, lockend, doch er widerstand. Dandalos versuchte immer wieder – seit Jahrhunderten – ihn auf seine Seite zu ziehen, ihn dazuzubewegen, die Gebote seines Volkes zu missachten und die Regeln zu brechen. Im Gegensatz zu Delo, der ihn weitest gehend ignorierte. »Komm schon, kleiner Schreiberling. Antworte mir! Oder der kleine Junge, der wie ein kleines Mädchen schreit, wird noch mehr leiden.«
Er wusste, egal, ob er sprechen oder schweigen würde, das Kind würde so oder so leiden. Mit zusammengebissenen Zähnen schrieb er weiter, ignorierte Dandalos und versuchte die Schreie auszublenden. Seine Hand zitterte, als er die Ereignisse aufschrieb und allein der Gedanke an Delos Abwesenheit hielten ihn davon ab, die Gebote seines Volkes zu missachten und aus der Kammer zu flüchten. Zu grausig waren die Dinge, die Dandalos dem Menschenkind antat. Und was ihn erwarten würde, wenn er sich nun einmischte und das Kind rettete, wollte er sich nicht vorstellen.

Delo schluckte. Die Holztür, vor der er stand, schien unüberwindbar zu sein. Er wusste, wer sich dahinter befand, wagte aber nicht, einfach einzutreten. Sie befand sich dahinter, er konnte sie spüren. Ihren Herzschlag hören. Julia, seine Julia.
Nun, nicht genau seine Julia, aber ihre Reinkarnation. Ihre Seele. Das Pedant zu seiner. Die Liebe seines unsterblichen Lebens. Er hob die Hand, wollte anklopfen, als Schreie ertönten. Delo zuckte zurück, brauchte einen Moment, um sich zu fangen. Dann stürmte er das Zimmer.
»Julia!« Die Angst hielt sein Herz gefangen. »Julia, bist du in Ordnung? Ist dir etwas zugestoßen?« Sein Blick suchte wild das Zimmer ab. Die Balkontüren standen offen, die Vorhänge flatterten wild im Wind. »JULIA!!«
Eine junge Frau saß in einer Ecke des Zimmers, die Beine angewinkelt, die Arme um den Kopf geschlungen. Ihre Schreie wurden von einem Wimmern unterbrochen, ihr langes Haar war zerzaust und verfilzt. Büschel davon lagen um sie herum verstreut und der Wind spielte mit ihnen.
»Julia!« Delo eilte zu ihr, hilflos sah er, wie sie sich quälte. »Julia, wie kann ich dir helfen? Was kann ich tun? Wer hat dir das angetan?« Er streckte die Arme aus, um sie an sich zu ziehen, wagte es aber nicht. Ihre Schreie zerrissen ihm das Herz. Ihr Weinen ließ ihn erschaudern. »Julia, bitte … lass mich dir helfen.«
Die junge Frau hob den Kopf. Tränen flossen über ihre Wangen, ihre Pupillen waren geweitet, ihre Augen groß. Unendlicher Schrecken stand in ihnen. Tiefe Kratzer zogen sich über ihre Haut. Es schien, als hätte sie versucht, sich selbst zu verletzen, um – ja, um was? Was ging hier vor sich? Delo nahm ihre Hände in seine und versuchte, in ihren Geist zu dringen. Doch die wirbelnden Gedanken machten es ihm fast unmöglich. Doch die Bilder, die er aufgreifen konnte, erschütterten ihn. Ein Verlies, dunkel, düster. Blut an den Wänden und ein Kind, geschunden und am Ende seiner Kräfte. Und – Dandalos. Immer wieder Dandalos.
»Er ist es! Er lässt dich diese Bilder sehen und die Schmerzen des Kindes spüren, nicht wahr? Er ist für deinen Zustand verantwortlich!« Delo knirschte mit den Zähnen. Er wusste nicht, wie er die Verbindung zwischen den beiden brechen sollte. Aber wenn er es nicht bald tat, würde sie zerbrechen.
Kreuz, er brauchte ein Kreuz. Ein Exorzismus würde helfen, hoffte er. Delo erhob sich, sah sich suchend um. Nichts. Als ob Dandalos genau gewusst hätte, was er versuchen würde und dafür gesorgt hatte, das alles, was ihm helfen würde, aus dem Zimmer verschwand.
»Irgendwas … hier muss doch -« Eine Bewegung ließ ihn herumwirbeln. Julia war aufgesprungen. In ihrem weiten, weißen Nachtgewand, den wild flatternden Haaren und den Kratzern auf der Haut sah sie aus wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt. Bevor er sie aufhalten konnte, war sie an ihm vorbei gerannt, hinaus auf den Balkon.
»Julia, Julia, bitte tu das nicht!«, flehte er, kam langsam auf sie zu. Jede schnelle, hektische Bewegung würde sie dazu bringen, zu springen, das spürte er. Für einen kurzen Augenblick sahen sie sich an, er glaubte, ein Lächeln, ein sehr, sehr trauriges Lächeln, auf ihrem Gesicht zu sehen. »Bitte, ich kann dir helfen.«
»Niemand kann mir helfen.« Ihre Stimme war leise, zart wie der Wind, der sie umspielte. »Nur ich kann das beenden.«
Starr vor Angst und Schock beobachtete er, wie sie auf die Brüstung kletterte.
»Nur ich kann es beenden …« Mit ausgebreiteten Armen ließ sie sich in die Tiefe fallen.

Rio de Janeiro, 1967

Eine kleine Gestalt wanderte durch die Schatten, versteckt und vor allen Blicken geschützt. Sie folgte einer Person, einer bestimmten Person. In ihren Händen hielt sie ein Buch umklammert, dick und alt. Der Ledereinband sah schon reichlich abgenutzt aus. Keiner der beiden hatte einen Blick für die Umgebung übrig. Das Viertel Vila Isabel sprühte vor Leben, vor Lust, vor Freude. Es war die Zeit des Jazz Bossa Nova und die Menschen feierten – überall. Auf den Straßen, in den Häusern, auf den Dächern der Stadt. Rio de Janeiro glich einer großen, niemals enden wollenden Party. Die kleine Gestalt in den Schatten verzog das Gesicht. Bis vor einigen wenigen Augenblicken hatte sie auf der Christusstatue auf dem Corcovado gesessen, dem Treiben der Stadt zugesehen und war völlig fasziniert davon gewesen, wie einzigartig und doch gleich alle Menschen waren. Und nun – nun folgte er wieder einmal einem der beiden Gegenspieler, an die er gebunden war. Gebunden, bis beide starben. Doch den Erzählungen der anderen nach dauerte das meist lang, Jahrhunderte lang. Dämonen und Engel starben eben nicht einfach so, sie waren zäh.
Die große Gestalt vor ihm bewegte sich schneller. Er hatte mühe ihr durch die Schatten zu folgen und musste auf die Fähigkeit seines Volkes zurückgreifen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Er musste durch die Schatten springen. Am liebsten hätte er laut geflucht, aber selbst das war ihm verboten. Er durfte nur folgen, zuschauen und aufschreiben. Er durfte nicht eingreifen, er durfte nicht Partei ergreifen und er durfte die Menschen nicht schützen. Die Gestalt, der er folgte, eilte an den Favelas vorbei, ließ die Luxuswohnungen hinter sich und eilte direkt an den Strand Ipanemas. Das militärische Fort und die Dois Irmãos ignorierten beide. Die große Gestalt hielt direkt auf einen großen Schatten zu, der am Strand stand und aufs Meer hinaus sah. Er suchte sich schnell einen Platz, von dem aus er alles sehen und genau aufschreiben konnte. Er wusste, was nun kam. Ein kleines Wortgeplänkel und ein recht blutiger Kampf. Es war immer dasselbe.
»Delo, du hast es also doch hergeschafft! Ich bin beeindruckt! Dieses Mal hast du dir ja gar nicht so viel Zeit gelassen wie sonst. Du kommst sogar noch rechtzeitig, um zu sehen, wie all das Leben aus dieser jämmerlichen Kreatur fließt.« Der große Schatten, der aufs Meer geblickt hatte, drehte sich um, während er sprach. Augen glühten rot und bedrohlich in seinem Gesicht, das man nicht deutlich erkennen konnte. Doch er wusste, wer es war. Dandalos, der Dämon an den er gebunden war, Gegenspieler des Engels Delo. Ewig im Kampf um Seelen für ihre beiden Herren und er auf ewig dazu verdammt ihnen zu folgen, bis sie sich schlussendlich beide gegenseitig umbrachten.
»Delo, sieh sie dir an! Erinnert dich das Mädchen nicht an Julia, Cäsars unglückliche Tochter, die du ebenfalls nicht retten konntest? Diese reine Haut – wie feinstes Porzellan und so weich wie Seide. Zu schade, dass sie dieser Welt nicht erhalten bleibt und ihre Seele mir gehört!«
»Dandalos, noch hast du nicht gewonnen! Ich kann sie immer noch retten und das weißt du!« Delo, der mit großen Schritten ins Wasser geeilt war, schien gewillt zu sein, das Leben des jungen Mädchens zu retten. Er breitete seine Flügel aus, spannte sie schützend vor den Körper des Mädchens, während er sie aus dem Wasser hob. Von seinem Platz aus konnte er sehen, wie Blut und Meerwasser von ihrer Haut perlten und langsam mit den Wellen verschmolz. Delo hatte recht gehabt. Ihre Haut war makellos und rein wie Porzellan, doch sie schien mehr tot denn lebendig zu sein. Adern schimmerten bläulich unter ihrer Haut, dunkle Schatten lagen unter ihren Augen, ihre Lippen waren bleich und farblos. Sie hatte wirklich nicht mehr lange auf dieser Erde. Delo musste sich beeilen, wenn er sie retten wollte, doch er war dazu verdammt, nichts zu sagen und nicht einzugreifen. Delo musste von selbst auf die richtige Lösung kommen, obwohl er sie durch all die Jahre und all das Gesehene schon kannte. Wie aufs Stichwort schien Delo zu glühen. Ein warmes, goldenes Schimmern ging von seinen Flügeln aus, während er sacht das Mädchen an den Strand trug und dabei heilte. Auf diesen Moment schien Dandalos nur gewartet zu haben. Delo, Kriegerengel des Michaels, war kein Heiler und der Heilungsprozess forderte seine ganze Aufmerksamkeit und Kraft. In diesen Momenten war er angreifbarer denn je und sie alle drei wussten es. Die kleine Gestalt im Schatten schüttelte den Kopf. Jedes Mal denselben Fehler. Jedes Mal. Es war zum verrückt werden.
Dandalos‘ Augen glühten stärker, Schatten waberten um ihn herum, griffen nach Delos goldenen Flügeln, dem goldenen Schimmern, das von ihm ausging. Sie schlichen sich über ihn, wanderten mit seinen Heilkräften zu dem jungen Mädchen in seinen Armen.
Er schüttelte den Kopf. Delo lernte es nie. Dandalos nutze den Heilungsprozess immer, um mit seinen Schatten die Opfer zu vergiften – und meist waren sie stärker als das Licht, das von Delo ausging. Er brauchte eigentlich nicht weiter zusehen, es war sowieso schon klar, was passieren würde. Die junge Frau würde sterben, es kam zum Kampf, keiner der beiden würde sterben und einer von ihnen – aller Wahrscheinlichkeit nach Dandalos – würde verschwinden und sich ein neues Opfer suchen. Ein Gähnen unterdrückend ließ er dennoch den Stift über das Papier gleiten. Aufgabe war nun mal Aufgabe.
Dandalos‘ Schatten schienen es dieses Mal schwerer zu haben als sonst. Hatte er sich etwa das falsche Opfer ausgesucht? Die kleine Gestalt hob eine Augenbraue und runzelte die Stirn. Konnte es sein, dass der Dämon sich ein getauftes Opfer erwählt hatte? Ein gläubiges Opfer? Mit Absicht? Um das Ganze spannender zu gestalten? Das wäre ja mal etwas Neues. Er beobachtete, wie die Schatten durch die Adern über den Körper des Mädchens wanderten. Sie verlor noch mehr an Farbe, wurde fahler und bleicher. Glich immer mehr dem Tod persönlich denn einer Lebenden. Delo schien davon nichts mitzubekommen, er war viel zu konzentriert auf den Heilungsprozess. In wenigen Augenblicken würden die Schatten das Herz und somit ihr Ziel erreicht haben. Delos Anstrengung würde völlig umsonst gewesen sein. Dann würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als um die Seele zu kämpfen, wenn er schon das Gefecht um ihr Leben verloren hatte.
»Kleiner, naiver Engel. So jung, so hoffnungsvoll. Hast du nach all den Jahren immer noch nicht begriffen, wie meine Kraft wirkt?« Dandalos kicherte. Seine Schatten hatten das Herz des Mädchens ergriffen, das Leben aus ihr herausgepresst. Tot lag sie in den Armen Delos, ohne begriffen zu haben, was mit ihr geschah. Dandalos war ein Meister, wenn es darum ging, leise und völlig überraschend zu töten. Die meisten seiner Opfer fühlten nichts – ihm ging es um die Qualen ihrer verzweifelten himmlischen Retter, wenn sie merkten, dass alles umsonst gewesen war. Sein Stift flog förmlich über das Papier, er musste sich anstrengen, um mitzukommen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Delo keuchte. Er fiel auf die Knie, das Mädchen immer noch im Arm. Eine einzelne, goldene Träne rann über seine Wange, als er begriff, dass er verloren hatte. Schatten huschten an ihm vorbei, etwas Weißes, Leuchtendes in ihrer Mitte. Ihre Seele. Das goldene Schimmern wandelte sich zu einem Leuchten, als er den Leichnam sacht in den Sand legte und sich erhob. Zwei lange Einhandschwerter mit glühenden Runen erschienen in seinen Händen. Seine goldenen Augen leuchteten unheilvoll. Sein weißer Anzug war verschwunden und stattdessen kleidete ihn eine goldene Rüstung. Delo würde kämpfen. Er würde um die Seele des Mädchens kämpfen. Dandalos, nach wie vor in der Dunkelheit verborgen, so dass nur seine rotglühenden Augen zu sehen waren, schnippte nachlässig und die Seele des Mädchens wandelte sich in einen leuchtenden Kristall. Er warf ihn ihm zu. Direkt auf die frisch geschriebenen Worte. Die kleine Gestalt seufzte, hob das Buch an, so dass der Seelenkristall in den Sand fiel. Er durfte ihn nicht hüten. Er durfte ihn nicht anfassen. Er durfte nichts tun außer Schreiben, Beobachten, Folgen.
»Ah, unser kleiner Freund will wieder einmal nicht mitspielen. Wie bedauerlich!«, schnurrte Dandalos. Die Schatten um ihn herum verdichteten sich. Schienen mit ihm zu verschmelzen. Delo hob seine beiden Schwerter und stürmte auf den Dämon zu. Der erste Hieb verschwand in tiefster Dunkelheit. Schatten griffen nach den Flügeln des Engels, zogen, zerrten. Delo ignorierte sie. Er hieb verbissen nach Dandalos, der in der Dunkelheit, die unheilvoll über den Sand wabberte, nicht mehr zu erkennen war. Die Schatten griffen wie Krallen nach dem Engel, drängten sich gegen das goldene Leuchten, zuckten immer wieder zurück, sobald sie es berührten. Dennoch schienen sie nicht aufgeben zu wollen. Sie wollten den Engel verletzen, wollten ihn zu Boden ringen. Delo verstärkte seine leuchtende Aura. Der Sand zu seinen Füßen glühte und schmolz zu Glas. Bei jedem Schritt, bei jedem Hieb wirbelten Sandkörner und kleine Glassplitter auf, die glitzernd durch die Luft stoben. Die kleine Gestalt seufzte. Zu oft hatte er das schon gesehen.
Blut spritzte auf seine Seiten. Verärgert tupfte er die Spritzer mit dem Finger trocken, um das Schlimmste zu verhindern. Das nächste Mal würde er sich wieder einen Platz außerhalb ihrer Reichweite suchen müssen und hoffen, dass er trotz der speziellen Umstände nichts verpasste. Den anderen seines Volkes war es gleichgültig, wie ihre Texte aussahen, ihm hingegen ging es um Perfektion. Das Einzige, das er selbst beeinflussen konnte. Plötzlich stutzte er. Blut? Er hob den Kopf. Delo hatte Dandalos getroffen. Der Sand war blutgetränkt, eines der Schwerter glitzerte rötlich. Die Schatten, die nach Delo griffen, schienen nun aggressiver vorzugehen. Mit einer Art rasender Wut schnitten sie die goldenen Flügel auf, wetzen ihre nicht greifbaren und dennoch materialisierten Krallen an der glänzenden Rüstung des Engels. Zogen an seinen Haaren, fuhren mit tiefen Kratzern über seine Haut. Delo schien sich nicht darum zu kümmern. Angetrieben von dem Triumph, den Dämon erwischt zu haben, hieb er kraftvoll und unbeirrt auf die wabbernde Dunkelheit ein, in deren Mitte immer wieder unheilvoll leuchtende rote Augen erschienen. Blut spritze immer wieder aus den wabbernden Schatten, in die sich Dandalos gehüllt hatte, auf den Sand, während kleine Rinnsäle des Lebenssaftes über Delos Haut wanderten. Am Horizont ging langsam die Sonne auf, tauschte das Schauspiel in ein makaberes Licht und verhalf Delo unabsichtlich zu einem entscheidenden Vorteil. Dem Schutz der Dunkelheit beraubt, war Dandalos angreifbarer, seine Schattengestalt deutlicher auszumachen. Auf dem Gesicht des Engels erschien ein breites, triumphales Grinsen. Er setzte zu einem entschiedenen Hieb an, um dem Dämon den Kopf abzuschlagen, als dieser mit einem tiefen Knurren und den Worten »Es ist noch nicht vorbei!« mit dem Wind verschwand. Delos Hieb ging ins Leere.
»Immerhin gehört mir ihre Seele.« Mit Bedauern ließ Delo seine Schwerter verschwinden und atmete tief durch. Er faltete seine Flügel auf seinem Rücken, leuchtete ein letztes Mal strahlend hell, bevor er wieder in seinem tadellos sitzenden schwarzen Anzug gekleidet war. Mit wenigen Schritten war er am Leichnam des Mädchens angekommen, berührte sie sacht. »Deine Seele ist in Sicherheit. Nichts wird dir mehr schaden können.« Schon bald würden sie den toten Körper finden, ohne Wunden, ohne Kampfspuren. Sie würden einen Herzstillstand vermuten und wie immer ahnungslos bleiben. Wie schon all die Jahrhunderte zuvor würden die Menschen nicht ahnen, welch perfides Spiel um ihre unsterblichen Seelen getrieben wurde. Sein Blick begegnete dem des Engels, als dieser zu ihm trat und den Seelenkristall aufhob.
»Wir sehen uns sicher bald wieder, kleiner Schreiberling«, murmelte Delo und neigte den Kopf zum Abschied, bevor er in einer Art Stichflamme verschwand. Die kleine Gestalt verzog das Gesicht. Schreiberling – wie er diese Bezeichnung hasste. Er war ein Chronist! Er war ein Chronist aus dem einzigen Volk, das fähig war, Dämonen und Engeln zu widerstehen und sich nicht von ihrer Macht blenden zu lassen. Chronist und kein Schreiberling! Mit einem Grunzen schlug er das Buch zu und schloss die Augen. Er spürte, wie ihn etwas rief. Ein erneutes Ereignis. Sie gönnten ihm und sich selbst nicht einen einzigen Augenblick Ruhe. Seufzend zog er sich weiter in die Schatten zurück und sprang mit ihrer Hilfe zu dem Ort der nächsten Begegnung.

Das Spiel von Licht und Schatten – Verloren

 

1

»Konzentriert euch! Euer Element, Eure Magie, der Ursprung Eurer Macht ist der Mittelpunkt, auf den Ihr Euch fokussieren sollt. Stellt ihn Euch als Kugel vor. Als Energieball. Nun stellt euch vor, wie Ihr Eure Hände nach dieser Energie ausstreckt, sie ergreift und Euch zu eigen macht.« Leoth, ein großer, löwenartiger Mann mit glühenden Augen, in denen unaufhörlich sein Element loderte, schritt zwischen seinen Lehrlingen hindurch. Der strenge Gesichtsausdruck und die züngelnden Flammen seiner Magie um seinen Kopf verstärkten die Aura der Macht, die ihn umgab. Seine Stimme, kräftig und mit hypnotisierender Wirkung, machte ihn als Lehrmeister besonders, da sich keiner seiner Schüler der Anziehungskraft entziehen konnte. Es schien, als hätten sie gar keine andere Wahl, als seinen Anweisungen zu folgen. Abgesehen davon wurde er es niemals müde, immer und immer wieder auf die Gefahren hinzuweisen, die Ungehorsam mit sich brachte, und die verheerenden Folgen aufzuzählen, so dass sie nie in Vergessenheit gerieten. Wenn die Macht eines Magiers außer Kontrolle geriet, so verzehrte eben jene Kraft alles Leben im Körper des Zauberers und ließ eine vertrocknete, sterbende Hülle zurück. Daher legte Leoth besonderen Wert auf die Disziplin und Kontrolle der Magie, um seinen jungen Schülern solch ein Schicksal zu ersparen.

Leoths Blick wanderte über die Gesichter seiner Schüler, die alle vor Konzentration verzerrt waren. Alle – bis auf eines. Stirnrunzelnd blieb er bei dieser einen Schülerin stehen. Ihre Aura flackerte unstetig und er konnte ihre Unsicherheit, aber auch ihre kindliche Freude spüren, während sie ihr Element beobachtete, das spielend um sie herumtobte. Sie schien ihrem Element den freien Willen zu gewähren. Er sah, wie ihre Augen in einem satten, strahlenden Grün leuchteten, während sich ihre Magie in Form von Blüten und Blättern manifestierte. Auch ihr Element leuchtete strahlend Grün und hob sich deutlich von dem dunkelroten Haar der Erdmagierin ab, mit dem spielte. Es schien, als wollte es sie schmücken und ihr gefallen.

Leoth seufzte resigniert. Diese Erdmagier treiben mich noch in den Wahnsinn! Es ist doch immer das Gleiche mit ihnen! Kein Gespür für Gefahr! Keinen Funken Disziplin im Leib!

»Anaria, meine Aufgabe ist es, Euch auf das Amt des Wächters vorzubereiten! Euch wenigstens ein bisschen Disziplin und Kontrolle beizubringen! Wie soll ich das bewerkstelligen, wenn Ihr nicht einmal die Grundzüge der Magie meistert? Wie wollt Ihr Euren Aufgaben gerecht werden, wenn Ihr nicht einmal Euer Element unter Kontrolle halten könnt?«, fuhr er sie gereizt an.

Die junge Erdmagierin erbleichte. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und in den goldgrünen Tiefen, die an glitzernde Smaragde erinnern, zeichnete sich Schock ab. Sie unterdrückte ein Schluchzen, als sie den missbilligenden Blick Leoths auffing und seine harschen Worte auf sie wirkten.

»Verzeiht, Meister … aber … ich … die Erde … mein Element möchte frei sein! Es fühlt sich wohler, wenn ich ihm den freien Willen gewähre und ihm nicht meinen aufzwinge. Ich bin glücklicher, wenn es frei ist und es ist viel glücklicher! Es mag nicht kontrolliert werden!« Sie blickte zu Leoth auf. Er konnte Hoffnung in ihren Augen schimmern sehen. Hoffnung auf Verständnis.

»ES GEHT NICHT DARUM, WAS DEIN ELEMENT BEGEHRT, SONDERN WAS DU VON IHM VERLANGST!«

Das laute Schluchzen Anarias, das auf Leoths zornigen Ausruf folgte, entfachte seinen Zorn erst recht. Er öffnete den Mund, um zu einer seiner berühmt-berüchtigten Predigten über Stärke, Disziplin und Unnachgiebigkeit anzusetzen, als glimmende Funken und winzige Eiskristalle durch die Luft stoben. Glitzernd schwebten sie durch die Luft, bestaunt und bewundert von den anderen Schülern.

Leoth wirbelte aufgebracht herum. Ein wildes Knurren drang aus seiner Kehle, verstärkte den löwenartigen Eindruck seiner Erscheinung, während er die Unruhestifter suchte..

Wut kochte in ihm auf, als er sich zwei seiner Schüler näherten, die sich mit ihren Elementen bekämpften.

»Amandria! Raphaios!«, bellte er. Anarias Tränen waren schlagartig versiegt. Ihre Augen glänzten vor Bewunderung, wie Leoth verärgert feststellte. Die bewundernden Blicke, die den beiden zugeworfen wurden, verstärkten seinen Zorn. Es mag durchaus stimmen, dass Amandria und Raphaios die vollständige Kontrolle über ihre Elemente haben, dennoch sollten sie sich in Disziplin üben! Diese leichtsinnigen Kämpfe setzen den anderen nur Flausen in den Kopf! Allerdings konnte Leoth nicht anders, als seine beiden Schüler für ihr Talent zu bewundern.

Als Leoth die beiden erreichte, warf Raphaios mit einer geschmeidigen Bewegung Feuerbälle in Amandrias Richtung und beschwor gleichzeitig einen Feuerkreis. Leoth hob eine Augenbraue. Mit verschränkten Armen wollte er Amandrias Reaktion abwarten, bevor er dem Spektakel ein Ende setzte.

Ein feines Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er den Spott in Amandrias Augen aufblitzen sah. Der türkisfarbene Ring um ihre Pupille leuchtete hell auf, als sie in einer Wasserlache verschwand. Leoth runzelte die Stirn. Er ahnte, was seine Schülerin plante, doch sicher war er sich da nicht. Raphaios schien verunsichert, wie Leoth amüsiert feststellte. Der misstrauische Blick des jungen Feuermagiers huschte wild umher. Plötzlich wurde Raphaios von einer Fontäne umschlossen und Amandria erschien lachend. Leoth blinzelte überrascht, als sich die Fontäne senkte, aufbrach. Mit einem nachlässig wirkenden Fingerschnipsen Amandrias schlug das Wasser hohe Wellen und über Raphaios‘ Kopf zusammen. Leoth konnte sie leise kichern hören, als Raphaios in einen Eisblock eingeschlossen wurde.

Amandria lachte, strich sich das blau schimmernde Haar aus dem Gesicht und sah sich offensichtlich beifallheischend um. Leoth ließ sie noch einen Augenblick gewähren, in dem sie an den Eisblock trat und grinsend winkte. Raphaios‘ Gesicht war vor Konzentration verzerrt, in seinen Augen loderte Feuer. Immer noch lachend wandte sich Amandria ab.

Leoth beschloss zu handeln. Sie hatte ihren Triumph genug genossen.

Ihr Lachen erstarb urplötzlich und sie schrie stattdessen vor Schmerzen gellend auf. Blitze zuckten über ihre Haut und zwangen sie in die Knie.

»Amandria, Ihr scheint vergessen zu haben, wo wir uns befinden. Ihr seid nach wie vor in meinem Unterricht! Es ist zwar überaus gütig von Euch, uns zu demonstrieren, wie man am Besten Feuer mit Wasser bekämpft, dennoch solltet Ihr niemals vergessen, dass nicht alle hier Eure Macht und Euer Talent besitzen. Euer kleines Spielchen war leichtsinnig und dumm! Ihr habt jeden hier in Gefahr gebracht! Leoth stand nun genau vor seiner Schülerin, die sich vor Schmerzen wand. Ihr glühender Blick war auf das schlichte Holz in seinen Händen gerichtet. Leoth wurde bewusst, dass er nur mit diesem Artefakt, das so unscheinbar aussah, in der Lage war, die Wächter aufzuhalten, wenn sie über die Stränge schlugen. Der Stab der Elemente, der seinem Träger die Kontrolle über Wasser, Feuer, Erde und Luft gewährte, war seit jeher im Besitz der Lehrmeister, um den Lehrlingen aller vier Reiche Grenzen zu setzen. Doch nicht jeder hatte es mit so starken wie unbändigen Wächtern zu tun gehabt. Jede Generation der herrschenden Familien der Reiche war stärker, mächtiger als die vorherige. Leoth war sich zudem sicher, dass die Macht des Stabes nicht mehr lange ausreichen würde, um ihn vor den Wächtern zu schützen. Amandria und Raphaios waren schon lange in der Lage, sich ihm zu widersetzen, auch wenn sie sich dessen nicht bewusst waren. Selbst Anaria wäre dazu in der Lage, würde sie ihr Potential ausschöpfen.

Leoth musterte Amandria, die sich noch immer vor Schmerzen wand. Die Blitze, die noch immer über die Haut der jungen Wächterin zuckten, würden sie nicht mehr lange im Zaum halten. Er musste handeln, bevor er zum Spielball ihrer Launen werden würde. Mit strafender Miene ließ er die Blitze verschwinden. Missbilligend und mit einer deutlichen Warnung erklärte er:

»Amandria, Ihr scheint überzeugt zu sein, meine Übungen nicht mehr zu benötigen. Daher werdet Ihr Euch nun zur Bibliothek begeben und in den Chroniken Eures Stammes die Kämpfe Eurer Vorfahren herauszuarbeiten und Euch die Techniken einzuprägen. In der nächsten Lehrstunde werde ich Euch in einem Kampf darauf prüfen.«

»Wollt Ihr, dass ich zuvor Raphaios aus seinem eisigen Gefängnis befreie?« Leoth konnte den abschätzigen Ton in ihrer Stimme hören, obwohl sie sich sichtlich Mühe gab, unterwürfig zu erscheinen.

»Nun, wenn er glaubt, bereit für einen Kampf gegen einen Wassermagier zu sein, so soll er auch die Konsequenzen tragen und sich selbst befreien.« Mit diesen Worten wandte sich Leoth wieder seinem Sorgenkind Anaria zu. Er spürte den intensiven, beinahe durchdringenden Blick Amandrias im Rücken, während er hörte, wie sie in einer Wasserfontäne verschwand.

Das neidvolle Seufzen Anarias lenkte seine Gedanken wieder auf die junge Erdmagierin, bevor er sich den Kopf über Amandria und Raphaios zerbrechen konnte. Der strenge Blick, den er der jungen Frau schenkte, verfehlte seine Wirkung nicht.

 

***

 

»Dämlicher, überflüssiger, langweiliger Unterricht!« Fluchend betrat Amandria die Bibliothek. Sie hatte aus ihren Fehlern gelernt, seit sie das letzte Mal das Donnerwetter ihres Lebens über sich ergehen lassen musste. Zugegeben, es war nicht die klügste Entscheidung gewesen, sich in einer Wasserfontäne in der Bibliothek zu manifestieren. Dennoch hätte der stundenlange Vortrag der »Herrin des Wissens und der Bücher«, wie sie die Bibliothekarin und gleichzeitig die beste Freundin ihrer Mutter nannte, nicht sein müssen. Die meisten Bücher hatten nichts abbekommen und nur einige wenige waren mit Tropfen bespritzt gewesen. Doch Nería behielt sie seitdem genaustens im Auge und verlangte, dass sie die Bibliothek nur noch zu Fuß betrat.

»Bla, bla, bla. Wasser. Bla, bla, bla. Heilige Hallen. Bla, bla, bla. Bücher. Bla, bla, bla. Ich werde diesen Vorfall deiner Mutter melden!«, murmelte Amandria vor sich hin. Aus den Augenwinkeln konnte sie Nería wissen lächeln sehen, während Amandria sie mehr schlecht als recht nachäffte.

»Nun, was hast di dieses Mal wieder angestellt?« In Nerías Stimme schwang unverhohlener Spott mit.

»Es freut mich auch, dich zu sehen, Nería.« Amandria bemühte sich gar nicht erst, ihren Unmut zu verstecken. Sie ignorierte den Blick der Bibliothekarin, in dem nicht gestellte Fragen und die Forderung nach den Antworten standen und wanderte durch die Abteilung des Wasserstammes. Wie soll ich das schaffen? Es würde Tage dauern, jeden Kampf eines jeden, jemals lebenden Wassermagiers heraus zu suchen und die angewandten Techniken herauszuarbeiten. Frustriert und etwas demotiviert griff sie nach dem ersten Buch. Kaum hatten ihre Finger sich um den Einband geschlossen, entfuhr ihr ein Schrei und sie ließ es schmerzerfüllt fallen. Erschrocken, aber auch misstrauisch musterte Amandria die geröteten Stellen ihrer Handfläche. Ihr Blick wanderte hinüber zum Buch zu ihren Füßen. Die metallenen Lettern des Einbandes glühten noch schwach. Zögernd streckte sie die Hand danach aus, als ein schadenfrohes Kichern erklang. Amandria drehte sich zornig um. Raphaios lehnte lässig an einem Regal und lachte.

»Raphaios! Wenn das Buch Schäden davon getragen hat, werde ich dir deinen vorlauten Hintern versohlen, so dass du mindestens ein Jahr nicht mehr darauf sitzen kannst! Wenn das Buch auch nur einen Brandfleck hat, hänge ich dich an deinen Ohren auf!«Nería war unbemerkt in den Gang getreten und schenkte den beiden strafende Blicke. Schlagartig sank die Temperatur um einige Grade. Amandria verzog das Gesicht, hob das Buch wieder auf und ließ die Temperatur wieder steigen.

»Ich glaube nicht, dass Temperaturschwankungen gut für die Bücher sind.« Raphaios kicherte. Nería murmelte etwas vor sich hin und verschwand wieder. Amandria wartete, bis die Bibliothekarin wieder an ihrem Pul saß, bevor sie Raphaios wütend anfunkelte.

»Du bist ja so unglaublich witzig! Ist dir eigentlich bewusst, dass sie just in diesem Moment meiner Mutter alles erzählen wird? Kannst du dir auch nur ansatzweise vorstellen, was das für mich bedeutet? In welchen Schlamassel du mich gebracht hast?«

»Das war die Rache für den Eisblock!« Das freche Grinsen auf Raphaios‘ Gesicht entfachte ihren Zorn. Unbewusst ließ sie die Temperatur erneut sinken.

»Was habt ihr verdammten Wassermagier nur mit euren Temperaturschwankungen? Könnt ihr das nicht einfach mal sein lassen?« Er schien zu frösteln. Sie ignorierte den Anflug von schlechtem Gewissen, als sie die Gänsehaut auf seinen Armen sah. Auch das Bedürfnis, ihn mit ihrer Umarmung zu wärmen, schob sie beiseite.

»Du bist ein Feuermagier! Es ist praktisch unmöglich, dass du frierst!« Amandria schüttelte den Kopf und unterdrückte die aufkommenden Gefühle für ihn. Vor allem als sie sah, wie er beschämt den Kopf senkte und eine Entschuldigung murmelte.

Amandria stapfte an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, was sie mehr Willenskraft kostete, als erwartet, und setzte sich an einen großen Tisch. Sie achtete dabei sorgsam darauf, dass ihre Finger die metallenen Lettern nicht berührten.

»Es gibt eine einfachere Methode, als jedes Buch zu lesen.« Raphaios war ihr gefolgt. »Einfacher und effektiver.«

Das spitzbübische Grinsen auf seinem Gesicht verhieß nichts Gutes. Amandria bedachte ihn mit einem vielsagenden Blick und schlug das Buch auf.

»Nun sei doch nicht so! Ich weiß doch, dass dir diese Aufgabe nicht zusagt und du sie schnell erledigen möchtest. Warum hörst du mich nicht wenigstens an? Du kannst meinen Vorschlag immer noch ablehnen!«

»Wieso habe ich das Gefühl, dass deine Idee wieder mit jeder Menge Ärger verbunden ist? Immerhin hat bis jetzt alles, was wir auf dein Geheiß ausprobiert haben, in einer Katastrophe geendet.«

»Alles haben wir noch nicht ausprobiert.« Sein anzügliches Grinsen ließ Amandrias Herz schneller schlagen. Unwillkürlich wanderten ihre Gedanken in eine Richtung, die sie sich selbst verboten hatte. Um sich nicht zu verraten, schlug sie mit dem Buch nach ihm und erwiderte mit betont kühler Stimme: »Also schön. Wie sieht dein Plan aus?«

»Wir benutzen unsere Elemente.«

»Wie bitte?«

»Wir benutzen unsere Elemente.«

»Das habe ich schon verstanden. Ich verstehe nur nicht, was du damit meinst.«

»Es mag vielleicht jetzt klingen, als wäre ich nicht bei Verstand, aber manchmal scheint das Feuer mit mir zu sprechen. Mich zu warnen. Mir zu helfen. Es hilft mir, meine Fähigkeiten auszubauen und da dachte ich, wir könnten unsere Elemente benutzen, um uns das Wissen anzueignen. Weißt du, ich meine das so«, sprach er hastig und wirkte auf einmal aufgeregt. Und ein bisschen nervös. »Also, weißt du, das Feuer gibt das Geschriebene an mich weiter und ich dann an dich.«

Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Er wirkte verlegen und tief in ihrem Herzen berührte es sie. Er wollte ihr helfen. Er wollte ihr wirklich helfen. Wie schon früher stand er zur Seite, wann immer sie ihn brauchte. Sie biss sich auf die Lippe. Um ihre Haltung zu bewahren, konzentrierte sie sich wieder auf das Wesentliche.

»Musst du dafür die Bücher nicht in Brand stecken?«

»Ich glaube schon.« Raphaios errötete. Amandria konnte nicht anders. Sie fand sein Erröten schlichtweg süß.

»Und du neubst, Nería bemerkt es nicht, wenn die Bücher plötzlich Feuer fangen?« Sie sah wie Raphaios betreten den Kopf senkte.

»Siehst du!«Amandria wandte sich wieder dem Buch zu.

»Aber mit deinem Element sollte es funktionieren!«

»Natürlich! Wasser schadet Büchern auch absolut nicht.«

Sie bemerkte, wie er entmutigt auf einen Sessel neben ihr sank. Ihre Knie berührten sich und Amandria biss sich erneut auf die Lippe. Ihr Herzschlag beschleunigte sich wieder. Sie neigte sacht den Kopf und musterte ihn. Seine goldenen Augen, das dunkle Haar und die gebräunte Haut verliehen ihm zusammen mit den kleinen Flammen an seinen Handgelenken den Eindruck einer glühenden Fackel.Amandria verkniff sich einen Seufzer. Ja, sie fühlte sich zu ihm hingezogen. Seit sie einander das erste Mal gesehen hatten, bestand ein Band zwischen ihnen. Und all die Jahre hatte es sich gefestigt und vertieft. Ihre Mutter hieß es willkommen. Sah es als gutes Zeichen, wenn sie später Seite an Seite kämpfen würden. Allerdings warnte ihre Mutter sie auch immer wieder davor, ihren Gefühlen für Raphaios nachzugeben. Es könnte im Kampf beide das Leben kosten. Amandria schüttelte den Kopf, um sich wieder zu fassen. Nachdenklich starrte sie auf die eng beschriebenen Seiten. Es musste einen einfacheren Weg geben, als all das zu lesen. Und das ohne die Bücher zu zerstören.

Plötzlich kam ihr eine Idee. Befreit lachte sie auf und klatsche in die Hände. Als sie Raphaios‘ verständnislosen Blick auffing, zwinkerte sie ihm zu. Beide Hände über den aufgeschlagenen Seiten haltend schloß sie die Augen und konzentrierte sich. Sie bemühte sich, sich vorzustellen, dass die Tinte flüssig war, dass immer noch irgendwie Reste der Flüssigkeit vorhanden war.

Du darfst nicht nach der Flüssigkeit suchen. Stelle dir vor, dass die Tinte nach wie vor fließt.Unaufhörlich und im Gleichgewicht. Nun lass sie auf dich wirken. Werde Teil von ihr. Lass dich von ihrem Fluß tragen und sie wird dir ihr Geheimnis verraten.

Auch wenn sie es mittlerweile gewohnt war, von ihrem Element Ratschläge erteilt zu bekommen, erschreckte sie es immer wieder aufs Neue.

»Was tust du da?« Raphaios‘ Stimme klang erschüttert.

Vorsichtig öffnete sie die Augen. Die Wörter, die Tinte floss über ihre Haut. Stimmen flüsterten in ihrem Kopf. Ein triumphierendes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als sie es bemerkte. Sie hob den Blick und sah sich selbst in Raphaios‘ Augen: Ihre Augen leuchteten in einem intensiven Blau und feine Tätowierungen zogen sich über ihre Wangenknochen.

Die Seiten blätterten sich von selbst, während Amandria sich vom Strom des Wissens mitreißen ließ.

Flügellos

Bild

„Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, ein warmer Windhauch, der meine Haut streichelte.
Das war der Moment, in dem ich realisieren sollte, dass ich mich in diesen Mann verliebt hatte. In diesem Moment sollte mein Bauch kribbeln, wie ausgefüllt von einem Schwarm Schmetterlinge, und pures Glück durch meine Adern strömen. Aber ich spürte gar nichts, bis auf tiefe Trauer, die sich bis in meine letzte Zelle fraß. Er war der Mann, von dem jedes Mädchen träumte, der lang ersehnte Prinz auf seinem Ross. Und ich war wohl das einzige Mädchen, das ihm nicht verfiel.
Weil ich es nicht konnte.“

Jahrelang hat Nina wie Amor die Menschen zusammengebracht, die zusammengehören. Aber nichts verflucht sie mehr als diese Fähigkeit: Denn sie selbst kann nicht lieben. Kurzerhand bittet sie eine Journalistin, eine Biografie über sie zu veröffentlichen. Ihr Ziel: Denjenigen, der für ihr Engelsdasein verantwortlich ist, provozieren. Denn Gott – wenn er ihr ‚Chef‘ ist – wird nicht zulassen, dass dieses Geheimnis an die Öffentlichkeit gerät. Stattdessen hofft sie, mit ihm ein Abkommen schließen zu können: Sie hält dicht, und er schenkt ihr ein menschliches Leben, in dem sie Liebe spüren kann.
Doch nichts verläuft wie geplant – denn Nina hat nie über den Preis nachgedacht, den sie zahlen muss, um wieder lieben zu können …

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Ein Self-Publisher-Buch, das mich echt begeistert hat. Die Story war überraschend, es war mal wieder etwas anderes UND definitiv anders, als erwartet.

Der Anfang ist etwas holprig, liest sich wie ein schlechter Abenteueraufsatz, auch die Bemerkung mit den Fesseln ist leicht überzogen 😉 Allerdings ist die Amnesie sehr gut dargestellt und sehr glaubhaft. Leider ist auch die Überschrift „Eine Woche vor der Gegenwart“ ungelenk formuliert. Aber darüber kann man hinwegsehen. Das sind nur kosmetische Mängel.

Der Engeleinstieg ist überraschend, aber gut mit kleinen Schwächen. Auch passt manchmal die Wortwahl einfach nicht, aber das kann man üben und lernen. Die Rückblicke sind emotionslos und bringen Emilias Situation sehr gut rüber, auch wenn es etwas befremdlich wirkt. Ebenso ist es schwierig, wenn man die Örtlichkeiten nicht kennt, manche Besonderheiten nachzuvollziehen. Die Entwicklung, die Emilia durchmacht, ist zu schnell, die emotionale Kälte, die sie ausmacht, ist stellenweise nicht deutlich genug. Aber nichtsdesotrotz sind die Übergänge gelungen und machen die kleinen Schwächen wieder wett.

Auch kommt keine Langeweile auf. Man will wissen, was mit Emilia los ist, was mit Nina los ist und auch der Konflikt um Valentin ist super dargestellt. Spannung kommt spätestens dann auf, als es zur Verfolgung kommt 😉 Die Story an sich ist überraschen, sie enthält viele Wendungen und ist trotz einiger Schwächen sehr glaubhaft.

Allerdings sind manche Sachen nicht nachvollziehbar oder nur schwer. Perspektiven werden ab und an nicht eingehalten, was es schwierig macht, dem Verlauf zu folgen. Auch ist es nicht immer klar, wo sich die Handlung abspielt. Auch sind Valentins Handlungen manchmal unverständlich, was bei mir für Verwirrung gesorgt hat.

Ninas Ängste, ihre inneren Konflikte sind sehr glaubhaft dargestellt, im Kontrast zu Emilias Entwicklung. Auch Ninas Entwicklung gegenüber Valentin und Valentins Vergangenheitsbewältigung fügen sich wunderbar in die Geschichte ein.

Gegen Ende, wenn die Handlung an Fahrt zunimmt und sich alles aufklärt, wird der Stil sehr, sehr viel besser und alles fügt sich wunderbar zusammen.

Fazit:

Dieses Debüt hat mich überrascht. Ja, es hat seine Schwächen, die ein guter Lektor sicher gefunden hätte. Im Austausch mit der Autorin habe ich erfahren, dass das Buch lektoriert wurde, weswegen ich gern dem oder der Lektorin aufs Dach steigen würde. Die Geschichte ist der Wahnsinn! Man erwartet einen Liebesroman mit sehr starken fantastischen Elementen, bekommt aber einen Thriller, mit Tiefgang und einem Hauch Übersinnlichem. Auch wenn das Ende kitschig war, rundet es die Geschichte ab. Ich bin wirklich begeistert und kann aufgrund der innovativen Idee auch über die kleinen Schönheitsfehler in Stil und Wortwahl und auch über die kleinen Plotlücken hinwegsehen.

Idee: 4 Sterne

Stil: 3,5 Sterne

Umsetzung: 4 Sterne

Gesamt: 4 Sterne

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Buchdaten:

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 1491 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 184 Seiten
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00H3RUZB2
  • zu kaufen hier

 

Gilde der Jäger: Engelsdunkel

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Kurzbeschreibung:

Als der Gefährte der Engelsfrau Neha ermordet wird, erhält der Spion Jason den Auftrag, den Mörder zu finden. Ihm wird die schöne Mahiya an die Seite gestellt, die ihm bei der Aufklärung des Falles helfen soll. Während Jason und Mahiya die Spur des Killers verfolgen, entwickeln sie tiefe Gefühle füreinander.

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Der fünfte Band der Reihe ist ganz anders. Raphael wird nur beiläufig erwähnt, er spielt nicht mal eine große Nebenrolle. Der Fokus liegt ganz auf dem Meisterspion.

Man erfährt etwas mehr über Dmitri und Honor, während der Rest der Gilde etwas zu kurz kommt. Allerdings erhalten wir durch Jason und Mahiya einen tieferen Einblick in die Welt der Engel und deren teils sehr grausamen Wesen.

Wir kennen Neha, wir wissen, was sie getan hat und – zumindest mir ging es so – hab ihr das Schlimmste zugetraut. Und genau das ist der Knackpunkt. Nalini Singh hat in diesem Band eine ganze Reihe schillernder Persönlichkeiten aufmarschieren. Persönlichkeiten, die sich wie Tag und Nacht in ihren Facetten unterscheiden und für ordentlich Zündstoff sorgen. Doch SIngh lässt die einzelnen Facetten nicht ineinander fließen, sie lässt ihre Figuren ins Extreme verfallen. Nur nach und nach entdeckt man bei den kaltherzigen Wesen auch die sanfteren Seiten (und umgekehrt). Das hat mich, ehrlich gesagt, sehr fasziniert.

Wie schon bei Dmitris Teil errreichte Singh auch hier das Niveau des ersten Bandes der Reihe. Witzig, spannend, erotisch – statt platt und einfallslos zu wirken, scheint alles miteinander zu harmonieren und geht fließend ineinander über. Der eigentliche Mordfall ist der Dreh- und Angelpunkt. Nach und nach kommen die düsteren Geheimnisse an Nehas Hof ans Licht – und erschüttern nicht nur die Welt Mahiyas.

Fazit:

Auch wenn natürlich die Liebesgeschichte der beiden Engel im Vordergrund steht, so ist es alles andere als ein platter Liebesroman. Durch die Morde und die Intrigen an Hof wird man in einen Strudel der Geheimnisse und Verschwörungen hineingezogen, der einen nicht mehr loslässt. Definitiv lesenswert!

 

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Gilde der Jäger: Engelskrieger

51myqKnKl8L._BO2,204,203,200_PIsitb-sticker-arrow-click,TopRight,35,-76_AA278_PIkin4,BottomRight,-56,22_AA300_SH20_OU03_

Kurzbeschreibung:

Als ein abgetrennter Kopf mit einer Tätowierung auf der Wange gefunden wird, nimmt die Jägerin Honor die Ermittlungen auf. Dabei begegnet ihr der verführerische Vampir Dmitri, der die rechte Hand eines Erzengels ist. Dmitris gefährliche Sinnlichkeit weckt ungeahnte Gefühle in Honor. Doch dann wird sie von den Schrecken ihrer Vergangenheit eingeholt …

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Endlich bekommt Dmitri einen eigenen Teil. Und was für einen! Raphael und Elena werden zu Randfiguren (was ihnen auch mal gut tut und man nicht ständig immer wieder das Gleiche lesen muss).

MIt Honor wird eine starke Frau mit großen, seelischen Narben eingeführt. Narben, die eigentlich noch keine sind. Und nur Dmitri scheint sie heilen zu können.

Der vierte Band der Gilde der Jäger-Reihe hat es in sich. Es war wie beim ersten Band: Ich war gefesselt, gepackt und konnte nicht aufhören zu lesen. Honors Leiden, ihre Entwicklung und ihre tiefe Liebe zu Dmitri, die immer stärker wird und ihr Kraft gibt – all das war unglaublich nahegehend geschrieben. (Okay, blöd ausgedrückt, aber ich hab die ein oder andere Träne verdrückt) Ich konnte mir auch ihre Erinnerungen gut vorstellen.

Auch Dmitris Vergangenheit wird gelüftet. Wie er zu dem wurde, der er nun ist. Und auch hier kam die ein oder andere Träne. Er ist zwar nach wie vor das kaltherzige, sehr sexuell orientierte und verdammt erotische Monster, doch tief in seinem Inneren ist er nach wie vor verletzlich. Er lässt nur niemanen nah genug an sich heran, als das man auch seine weiche Seite kennen lernen könnte.

Doch dank Honor ändert sich das. Denn sie ist nicht nur eine Jägerin, sie ist viel, viel mehr.

Das Ende, wer Honor wirklich ist, hat mich eigentlich nicht mehr überrascht. Aber ich fand die Idee so süß, so romantisch, dass es die vorherigen zwei schwachen Bände wieder ausgeglichen hat. Hier passte auch die Erotik wieder richtig hinein und wirkte nicht nur wie ein Platzhalter bzw Seitenfüller.

Die einzelnen Figuren haben alle ihre Eigenarten, die wir teils schon aus den anderen Bänden kennen. Die manchmal etwas kitschigen Szenen passen aber wunderbar zu Dmitri bzw zu der Zeit, aus der er stammt. Nur das Überdominante der Männer geht mir langsam auf die Nerven. Raphael und Dmitri schenken sich da echt nichts.

Dennoch: Ein klasse Buch.

Fazit:

Nalini Singh hat ein Werk geschaffen, dass mit dem fantastischen ersten Teil der Reihe mithalten kann und die schwachen letzten beiden ausgleicht. Dmitri und Honor sind ein faszinierendes Paar und ich hoffe stark, dass wir irgendwann mal noch etwas über den Verbleib der beiden Kinder erfahren (SPOILER!!!!! immerhin ist ja Dmitris Frau auch wieder aufgetaucht). Insgesamt ist es witzig und flott geschrieben, an den richtigen Teilen dramatisch und spannend und auch für Erotik kommt nicht zu kurz (und es ist mal eine etwas andere Erotik wie bei Raphael). Von Dmitri zu lesen macht Lust (dihihi), jemanden wie ihn im echten Leben zu treffen und öhm … ja 😀

Ich kann’s nur empfehlen.

 

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Gilde der Jäger: Engelsblut

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Kurzbeschreibung:

Vampirjägerin Elena Deveraux und ihr Geliebter, der ebenso attraktive wie tödliche Erzengel Raphael, sehen sich – kaum nach New York zurückgekehrt – einer neuen Bedrohung gegenüber. Ein Vampir hat eine Mädchenschule überfallen und ein Blutbad angerichtet. Aber das ist erst der Anfang. Immer mehr Vampire werden von einem unkontrollierbaren Blutdurst erfasst. Und dann scheint der Wahnsinn auch auf Raphael überzuspringen. Die Zeichen sind eindeutig: Eine uralte, bösartige Macht aus Raphaels Vergangenheit ist zurückgekehrt. Kann Elena ihren Geliebten retten?

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Man könnte ja denken, schlimmer kann es für Elena nicht mehr kommen. Sie wurde zerschmettert, verraten, gejagt, in eine Falle gelockt und konnte nur mit Mühe in der „neuen Welt“ überleben.

Und dennoch ist ihr keine lange Zeit des Glücks gegönnt. (Und ich hatte so auf eine Schwangerschaft gehofft :P)

Ein Vampir dreht durch. Doch nicht nur einer. Mehrere scheinen einer Art Wahnsinn verfallen zu sein. Ein Wahnsinn, der nicht vor Engeln halt macht. Natürlich ruft das Elena und Raphael auf den Plan. Gemeinsam mit Dmitri (die alte Pottsau ;)) versuchen sie zu ergründen, was vor sich geht. Und schon bald bewahrheitet sich das Schlimmste.

Zum ersten Mal erfahren wir wirklich viel aus Raphaels Vergangenheit und auch das düsterste Geheimnis Elenas Familie wird gelüftet (wobei Nalini Singh am Ende noch eine kleine Gemeinheit eingebaut hat!). Durch die wilde Jagd und der ständig drohenden Gefahr im Nacken wird’s auf jeden Fall nicht langweilig.

Allerdings gab’s da doch einige Dinge, die mich beim dritten Teil gestört haben. So toll ich auch das neuste Abenteuer fand, die „Entwicklung“ der Figuren hat mich dann doch gestört. Raphael hat sich zwar Elena etwas angepasst, Dmitri akzeptiert sie und dennoch – es wirkt nicht ganz glaubwürdig. Auch Elenas plötzliche Unterwürfigkeit, wenn auch nur ein bisschen, sind in meinen Augen zu plötzlich. Da hätte ich gern eine schleichendere Entwicklung gelesen.

Und immer wollen sie Elena ans Leder. Warum eigentlich? Nur weil sie Raphaels Schwachstelle ist? Wärs nicht sinnvoller über seine Sieben ihn schwächen zu wollen? Das Muster der Grundhandlung ändert sich leider in keinem der drei Bücher.

Allerdings hat Singh Illium und Jason an Tiefe verliehen, was mir sehr gefallen hat und ich hege die Hoffnung, dass wir bald mehr von den beiden zu lesen bekommen (von Jason gibt es ja mittlerweile einen eigenständigen Band, bei Illium hoffe ich darauf).

Sprachlich und vom Lesefluss/spaß ist es gleichgeblieben. Es hat auch trotz kleiner Formatierungsfehler immer noch Spaß, Elenas Geschichte zu lesen 😉 Singh schafft es trotz der Schwächen, mich immer wieder zu packen und zu fesseln. Und eines muss man ihr lassen: Sie lässt sich immer Platz für viele, viele Spekulationen und Fortsetzungen.

Fazit:

Gut zu lesen. Spannend, unterhaltsam, mitreissend. Kleine Schwächen, die einem aber nur auffallen, wenn man mal wieder alle drei hintereinander gelesen hat. Daher zwei Sterne Abzug. Trotzdem kann ich die Gilde der Jäger-Reihe nur empfehlen.

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Teufelsherz – Sabrina Qunaj

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Kurzbeschreibung:

Die 17-jährige Emily wird dem Schutzengel Damian anvertraut. Jedoch nur auf Probe. Um sie vor Gefahren zu warnen, dringt er daher immer wieder in ihr Unterbewusstsein ein, obwohl dies streng verboten ist. Von nun an begegnet Emily ihrem Schutzengel fast jede Nacht in ihren Träumen und schon bald empfindet sie die Tage ohne Damian als lang und einsam. Doch dann stellt sich heraus, dass er in Wirklichkeit der Sohn des Teufels ist und eigene Absichten verfolgt. Für Emily bricht eine Welt zusammen. Mit allen Mitteln versucht sie jetzt den Schlaf zu verhindern, damit Damian jede Möglichkeit verwehrt wird, ihr wieder nahezukommen. Und dann geht sie schließlich einen Pakt mit dem Teufel ein …

________

In „Teufelsherz“ verliebt sich Emily in Damian – ohne zu ahnen, wer er wirklich ist. Doch nicht nur Damian entwickelt Gefühle für Emily, sondern auch Will, der Bruder ihrer verstorbenen besten Freundin. Wir haben es also mit einer Dreiecksgeschichte zu tun – anfangs. Leider muss ich zugeben, dass Qunaj den Verlauf des Liebeschaos Damian-Emily-Will vorhersehbar geplant hat. Auch das Auftauchen Annies ist nicht überraschend – leider.

Hier hätte ich mir etwas mehr Spannung gewünscht. Dennoch ist die Liebesgeschichte von Damian und Emily gut geraten – hier hat Qunaj einige Überraschungen auf Lager, zumindest gegen Ende 😉

Die Charaktere sind glaubhaft, wenn auch stellenweise zu sehr in Schubladen gesteckt. Will ist der typische Retter in strahlender Rüstung, Damian der Klischee-Bad Boy mit weichem Kern und Annie ist die beste Freundin, die alles einfach akzeptiert. Sogar Emily entspricht in vielerlei Hinsicht der typischen Protagonistin, die immer aus irgendwelchen Situationen gerettet werden muss. Ich muss zugeben, dass ich das etwas schade fand.

Ein weiterer Kritikpunkt war die schnelle, fast schon kompromisslose Akzeptanz der einzelnen Figuren, als es um Damians Herkunft und Fähigkeiten geht. Man wundert sich zwar etwas drüber, aber im Endeffekt wird das dann ohne Probleme akzeptiert.

Dennoch liest sich „Teufelsherz“ flüssig und allein Damians Humor, wenn er in der Welt der Engel sein Unwesen treibt, regt immer wieder zum Lachen an. Qunaj erzählt die Geschichte von Emily mit Witz und einer kleinen prise Sarkasmus, was die kleinen Schwächen wieder wett macht. Allerdings vergreift sie sich stellenweise in der Klischeekiste. Dennoch muss ich zugeben, dass „Teufelsherz“ trotz allem Spaß macht, es zu lesen. Schöne Chick-lit mit einem Hauch Mystic.

Fazit:

Es ist schwer, hier ein Fazit zu finden. Für die Charaktere würde ich 4 Sterne vergeben. Sie sind glaubhaft, wenn auch manchmal zu einseitig. Die Story an sich, von den Ideen und der Mischung aus Mythologie und Religion, bekommt von mir ebenfalls 4 Sterne. Der Schreibstil 5, denn er ist flüssig und humorvoll, und nur die Vorhersehbarkeit der Liebesgeschichten stört etwas. Es fehlt etwas an emotionaler Tiefe, die ich hier erwartet hätte, zumal Damian das Potential für einen sehr vielschichtigen Charakter biete und man hier definitiv etwas mehr aus dem Dreieck emily-Damian-Will herausholen hätte können. Allem in allem würde ich insgesamt 4 Sterne vergeben und eine Leseempfehlung für all jene, die eine Liebesgeschichte mit einem Hauch Mystic und Humor lesen wollen.

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